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Kann Bildaufbau unterrichtet werden?

Im Jahr 2003 wurde dieser Kurs zum Bildaufbau das erste Mal im Minolta Forum abgehalten. Ursprünglich war meine Idee das DPReview Forum etwas aufzurütteln. Ich dachte, dass die Gemeinschaft von einer kleinen Erinnerung profitieren könnte, worum es bei Kameras eigentlich geht. Die Lektionen waren erfolgreicher als ich dachte, und ich wurde um eine Wiederholung gebeten.
Zwischenzeitlich habe ich das eine oder andere über Fotografie und das Unterrichten an sich gelernt. Daher dieses Vorwort.

Ein Fotograf, den ich ich sehr bewundere, Ed Leys (Siehe seine Arbeiten bei "California Light and Structure" ), vertritt die Meinung, dass Bildaufbau nicht unterrichtet werden kann und auch nicht unterrichtet werden sollte. Er glaubt, das Unterrichten des Bildaufbaus bedeutet willkürliche und verschiedene Einschränkungen für die Kreativität. Im schlimmsten Fall könnte die Begeisterung und die Visionen eines kreativen Genies eingeschränkt werden, wodurch die Welt zu einem ärmeren Ort wird. Obwohl ich nicht vollständig mit ihm übereinstimme, aus weiter unten erläuterten Gründen, bin ich der Meinung, er bringt einen wichtigen Punkt zur Sprache.

Das Dillemma beim "Unterricht zum Bildaufbau" ist, dass es keinen Weg gibt es sinnvoll zu tun, ohne Regeln oder Einschränkungen aufzustellen. Hierbei ist es nur zu leicht sich von diesen Regeln und Einschränkungen gefangen nehmen zu lassen und sie als Notwendigkeit für Perfektion anzusehen. Zwangsläufig wird das Befolgen der "Regeln" die Sichtweise und die Fotografien der lernenden Person beeinflussen. Das kann leicht die individuelle Qualität der Arbeit herabsetzen. Die Tatsache bleibt aber bestehen, dass ein mit Hilfe des "Rezepts" aufgebautes Foto einfach nur ein Foto ist, das gekonnt nach dem "Rezept" aufgebaut wurde, nichts weiter. Ob es interessant, aufrüttelnd oder künstlerisch ist, hat nichts damit zu tun.

Dennoch bin ich nicht so pessimistisch wie Ed. Ich schätze mich glücklich, Leute mit echtem künstlerischem Talent zu kennen – mit dem inneren Feuer, das sich im Bedürfnis ausdrückt extrem individuelle, ungewöhnliche oder sogar visionäre Arbeiten anzufertigen. Keiner von denen hätte diese Vision ausdrücken können, ohne das grundlegende Handwerkszeug zu erlernen. Alle von Ihnen sind irgendwann an dem Punkt angekommen, an dem Sie die Beschränkungen durch das Arbeiten nach dem "Rezept" erlebt haben. Und mindestens genauso oft diente es als nützlicher Ansatzpunkt um gegen das "Rezept" zu rebellieren und damit zu brechen. Meiner Erfahrung nach sind wirklich künstlerische Visionen alles andere als zerbrechlich – im Gegenteil, es ist die Art von Feuer, die sich durch Stein und Stahl hindurch brennt, um sich auszudrücken. Sehen Sie sich rückblickend Picasso an: Er malte wunderbar aufgebaute und ausgeführte Zeichnungen und Bilder im akademischen Stil – als er 14 war. Und ich habe das unbestimmte Gefühl, dass er nicht Guernica gemalt hätte, wenn er nicht Körper-Studien im Zeichenunterricht gezeichnet hätte.

Aber kann Bildaufbau unterrichtet werden?

Im einfachen Sinne, sicherlich. Es gibt nichts, was nicht über einfache Bildaufbau-Techniken unterrichtbar oder unlernbar wäre, zum Beispiel über die bekannte (oder unbekannte) Drittel-Regel, leitende Linien, geometrische Formen, Motiv-Flächen-Zusammenspiel, Bewegung und so weiter. Meiner Ansicht nach trifft das nicht den Punkt. Die Funktion der "Regeln" ist nicht, dass die Bilder besser werden, wenn sie angewendet werden (obwohl, wenn die Alternative der übliche "instinktive" Bildaufbau ist, werden sie es meist sein). Stattdessen sollen Sie dazu dienen, Ihnen zu helfen, "sich den Bildaufbau zu denken" - Ihnen also ein grobes Werkzeug an die Hand geben um der Herausforderung des Bildaufbaus bewusst gegenüberzutreten. Ein erster Schritt zum "fotografischen Sehen".

Also werde ich das Risiko eingehen und diesen Kurs zum Bildaufbau in ähnlicher Form durchführen wie im letzten Jahr. Versuchen Sie im Hinterkopf zu behalten, dass die in diesen Lektionen auftauchenden Regeln und Einschränkungen nur der Weiterbildung dienen: Um als Krücken verwendet zu werden, solange Sie sie benötigen oder als nützlich empfinden und danach über Bord geworfen zu werden. Ihre Bilder werden, oder auch nicht, durch das blinde Anwenden dieser Regeln Ihre Fotos besser aussehen lassen, aber sie werden Ihnen keinen künstlerischen Aspekt verleihen. Wenn Sie an einem Bild arbeiten und versuchen die "Regeln" anzuwenden, aber irgendwie das Gefühl haben, dass das nicht so richtig passt, dann machen Sie es auf eine andere Weise – Glückwunsch, Sie haben gerade die nächste Stufe erreicht. Sie sehen den Aufbau des Bildes und übernehmen eine aktive Rolle beim Fotografieren auf Ihre eigene Art und Weise, anstatt nur auf die Art und Weise zu kopieren, die vom Lehrer vorgeführt wurde. Sie sind auf dem besten Wege Ihre persönliche fotografische Sichtweise zu finden.

Wenn Sie der Meinung sind, dass diese Lektionen über den Bildaufbau unnütz oder schädlich für Sie sind, sollten Sie hier und jetzt aufhören und nicht weiterlesen. Auf der anderen Seite, wenn Sie das Gefühl haben Ihre Bilder irgendwie in der Dunkelheit zu schießen – dass sie nicht so gut sind, wie Sie sie gerne hätten, allerdings nicht genau wissen was falsch ist, dann könnten diese Lektionen Ihnen Spaß machen, lehrreich oder sogar hilfreich sein. Vergessen Sie auf jeden Fall nicht, dass die Fotografie Spaß machen soll. Gehen Sie also nicht zu ernst an das Fotografieren heran sondern fangen einfach mal an.

Aufgabe

Vergessen Sie alles über die Art und Weise, wie Sie fotografieren – stellen Sie die Uhr auf Null zurück oder zumindest so weit zurück wie möglich. Außerdem glaube ich, dass diese Aufgabe viel Spaß machen wird – Ich habe diese Übung selbst erst vor ein paar Tagen gemacht und bekam davon einen richtigen Kick. Also hier ist die erste Aufgabe von Petteri's Bildaufbau Kurs, Modell 2004.


Ein Foto aus den Top Fünf meiner persönlichen Schnappschüsse

Schnappen Sie sich eine Kamera. Wenn Sie eine kleine vollautomatische Kamera haben, verwenden Sie diese. Falls nicht, nehmen Sie Ihre normale Kamera. Wenn Sie nur eine Spiegelreflexkamera haben, verwenden Sie das kleinste und leichteste Objektiv aus Ihrem Besitz. Stellen Sie Ihre Kamera auf denjenigen Automatik-Modus ein, den Sie gewohnt sind – wenn Sie ein Anfänger sind, reicht der Vollautomatik-Modus (meist als grünes Rechteck dargestellt) völlig aus. Wenn Sie sich mit der Bedienung Ihrer Kamera auskennen, werden Sie vielleicht ein oder zwei Einstellungen anpassen wollen, wie zum Beispiel die ISO-Empfindlichkeit (setzen Sie sie hoch genug, damit Sie sich keine Sorgen wegen zuwenig Licht machen müssen) und Weißabgleich (Bewölkt oder Tageslicht). Das wichtigste ist, die Kamera mit geringstem Aufwand jederzeit zum Fotografieren bereit zu haben.

Wenn Sie das ideale Instrument für diese Übung verwenden wollen, kaufen Sie sich eine dieser Einweg-Film-Kameras. Vergessen Sie nur nicht, sich bei der Entwicklung die Bilder auch auf CD brennen zu lassen – ansonsten können Sie den anderen Teilnehmern dieses Kurses Ihre Fotos nicht zeigen.

Gehen Sie spazieren. Wenn Sie Pendler sind, ob zu Fuß oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln, haben Sie schon die beste Umgebung für diese Übung. Wenn Sie einen Hund haben, führen Sie ihn Gassi. Wenn Sie eine Frau, Mann, Freund, Freundin, Kind oder sonst jemanden haben, nehmen Sie ihn oder sie mit. Aber vergessen Sie nicht auch Ihre Kamera mitzunehmen.

Dann fotografieren Sie alles, was Ihnen ins Auge fällt. Achten Sie nicht auf Bilder, d.h. Denken Sie nicht "Hey, das könnte ein schönes Foto ergeben". Sehen Sie sich die Dinge an, die Sie sich immer ansehen, nur dieses Mal machen Sie einen Schnappschuss davon. Vergessen Sie Bildaufbau, Schärfe, Rauschen, exakten Fokus, verwackelte Fotos, einfach alles: Knipsen Sie einfach drauf los, sobald Sie etwas sehen. Schießen Sie mindestens einen Film voller Fotos (also mindestens 36 Belichtungen). Je mehr, umso besser.

Anschließend übertragen Sie Ihre Fotos auf den Computer. Suchen Sie sich die besten fünf und die schlechtesten fünf heraus (lassen Sie dabei diejenigen außer Acht, die technisch so schlecht sind, dass es keinen Sinn machen würde sie irgendwie zu bewerten, außer sie sehen natürlich trotzdem gut aus). Präsentieren Sie ihre Fotos und begründen Sie warum sie genau diese Fotos ausgewählt haben. Beschreiben Sie außerdem wie es sich angefühlt hat, nicht mit dem Bildaufbau im Hinterkopf zu fotografieren. Das wichtigste, was Sie nicht vergessen sollten: Diese Übung soll Spaß machen.

Und keine Sorge: In den nächsten Lektionen verlieren wir diese "Unbestimmtheit" und sehen uns einige klassischere "Regeln" des Bildaufbaus an.


Januar 2007 DSLR-Forum alle Fotos und Kommentare: Attach:Workshop_Teil1-2007.pdf

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